Sonntag, 26. Oktober 2008

Von litauischen Busfahrten nach Ignalina, On-arrival-Seminar und Geschichten aus Lopselis

Labas!

Da ich schon heftigste Beschwerden bekommen habe, weil ich ja schon ne Weile nichts mehr geschrieben habe, hole ich das somit natürlich sofort nach. Ich habe !endlich! Internet in meiner Wohnung, wenn auch daweil nur auf Sophies Computer (ist eine lange Geschichte) - fest steht, es kann sich nur mehr um Tage handeln bis auch ich endlich mit meinem Laptop ins Internet kann ... Noch wichtiger, bis ich endlich skypen kann (danit du mich endlich wieder mal " anschauen" kannst, Mama :))

Hm ja mittlerweile bin ich schon fast ein Monat hier und ich hab es noch immer kein bisschen bereut, mir Litauen auszusuchen. Anfangs hab ich mir auch gedacht:"Litauen?? Was soll ich denn dort??" Aber es ist gut dass ich mich dann doch spontan entschieden habe, das Angebot von Lopselis anzunehmen. Ich glaube gerade die spontansten Entscheidungen sind einfach die Besten - und das trifft für Litauen auf alle Fälle zu :)

Von 16-19.Oktober hatten wir On-arrival-Seminar, an dem Volunteers aus ganz Litauen zusammenkommen. War sehr spannend zu erfahren, in welchen Projekten und vor allem WO die anderen im schönen Litauen verstreut sind (haben gleich mal Connections mit EVS`lern aus Vilnius gemacht :)) Ja aber ich glaub wir Kaunasser mit stolzen 9 Volunteers waren wieder mal in der Überzahl :)

Die Leute aus dem Seminar waren echt super und wir haben wie gesagt viele Kontakte knüpfen können. Besonders Anna aus Armenien ist mir besonders ans Herz gewachsen, die übrigens auch Volunteer in Kaunas ist.
Der letzte Abend vom Seminar war dann sozusagen Vodkadurchtränkt, was dazu geführt hat, dass wir typische Trinkspiele von früher gespielt haben (Kartenweitergeben mit dem Mund usw :D) Ja da sind dann wohl Fotos entstanden die hoffentlich vernichtet werden ;) Aber so gelacht wie an dem Abend hab ich schon lange nicht mehr ;)

Hm ja die vier Tage waren echt sehr klasse, nur bin ich danach auch halbtot ins Bett gefallen. Es ist echt anstrengend permanent nur von Leuten umgeben zu sein und immer diese typischen Seminarpunkte und Seminarsachen machen zu müssen (Energizer, Was fühlst du wenn du .., Großgruppenprogramme, ect.) Boa und mittlerweile hängen mir die Seminare echt schon zum Hals raus - gut das jetzt dann vorbei ist bis zum April, da haben wir dann Mid-term-Seminar. Bin schon gespannt was bis dahin alles passiert :)

Ja und Ignalina ist ein Kaff, also da kann man schon sagen das Mitterkirchen eine City dagegen ist. Ignalina ist irgendwo im Nirgendwo. Wir sind von Kaunas ca 4 Stunden mit dem Bus gefahren, was so manchen Rücken und auch so manche Blase strapaziert hat - die litauischen Straßenverhältnisse sind ja jetzt nicht unbedingt die besten und da gabs schon mal Sekunden, in denen wir um unser Leben gebangt haben :) Nicht nur weil der Busfahrer meiner Meinung nach mit einem Fuß schon im Grab gestanden hat und der dann auch noch seine mind. 8-Dioptrien-Brille runtergegeben hat, sondern weil er sich auch für alles andere mehr interessierte als für die Straße. Zigarette, Handy, Bustickets anderer Leute war alles wichtiger als die instabilen Straßen. Ja Jagna und ich haben uns in die erste Reihe gesetzt und noch Scherze über diesen lustigen alten Busfahrer gemacht und auf einmal redet der uns auf Deutsch an .... war schon sehr peinlich, aber er war total nett und ich glaub er hats uns nicht übel genommen :)
Naja Jagna und ich sind dann eben in der ersten Reihe im Bus gesessen und hatten sozusagen ein Panormafenster vor uns - und mal abgesehen von der Fahrt - war es wirklich schön. Die Sonne ist untergegangen, die Straße war meistens gerade und immer bergauf und bergab, links und rechts war nur Wald (Herbst in Litauen ist echt schön) und dann ist die Sonne untergegangen. Ich bin einfach nur dagesessen, hab Musik gehört und bin mir vorgekommen wie in einem schnulzigen Film :) Und genau in diesem Moment hab ich für mich entschieden, dass es richtig war noch ein Jahr mit dem Studium zu warten und dieses unglaublich faszinierende kleine Land bis in alle Ecken kennenzulernen :)

Nach diesem Wochenende in Ignalina ist mir auch einiges klar geworden, was die litauische Mentalität und Arbeitsweise betrifft. Ich hab mich schon oft gefragt wie es sein kann, das die "Sozialarbeiter" in Lopselis einfach sind wie sie sind. Ich schreibe sie deshalb unter Anführungsstrichen, weil sie im Grunde gar keine sind. Als die Sowjets noch das Sagen hatten, wurde den Litauern einfach eine Arbeitsstelle zugewiesen und dort hatten sie zu arbeiten. Egal ob man damit einverstanden war, oder nicht. Ja und in Lopselis gibt es noch Leute, die eben noch immer da arbeiten. Die haben im Grunde keine Ausbildung und dann kommen wir Volunteers. Wir sind jung, meist aus sehr "reichen" Heimatländern, haben ganz andere Vorstellungen von Erziehung und auch ganz andere Werte, als die "alte litauische" Generation. Wir können uns mit ihrem Methoden nicht identifizieren und das ist auch der Grund warum uns eigentlich fast alle Arbeiterinnen aus Lopselis mehr oder weniger ignorieren. Es gibt nur ganz wenige die uns unterstützen und sich bemühen uns zu zeigen was wir mit den Kids machen können/sollen/müssen. Die Restlichen sind einfach in ihrem alten System und wollen dort auch bleiben. Keine neuen Ideen und keine neuen Methoden.
Natürlich sind wir Volunteers anfangs mehr "Arbeit" für die Angstellten in Lopselis. Die Kids wollen ihre Grenzen bei dein Neuen austesten, wir können die Sprache nicht und müssen uns immer mit Händen und Füßen verständingen. Aber Sarah hat mir auch gesagt, dass sich das nach der Zeit umdreht. Dann machen praktisch die Volunteers die meisten Dinge mit den Kindern und machen sozusagen dann auch die meiste Arbeit der anderen mit. Es ist hoffentlich nur eine Frage der Zeit, bis ich die Sprache beherrsche und ich endlich mit den Kindern richtig kommunizieren kann. AAABER :) mittlerweile klappt schon um einiges besser, vor allem nachdem ich mein Zimmer und die ganze Wohnung mit einer Menge Post-it`s vollgeklebt habe :D

Am Mittwoch diese Woche ist ein kleines Mädchen aus Lopselis von ihren Adoptiveltern aus Frankreich abgeholt worden. Also das war schon heftig, weil die Kleine absolut nicht mitgehen wollte und sie hat die ganze Zeit nur geweint. Den Eltern hat man es auch schon angesehen, dass die extremst fertig waren mit den Nerven und mir haben beide leid getan. Die Eltern, weil sie nicht mehr gewusst haben was sie noch machen sollen um die Kleine ins Auto zu bringen. Sie haben sie vorher ca 5 mal gesehen oder so und da war aber immer eine Übersetzerin mit. Am Flughafen ist aber niemand der übersetzt und ich glaube sie haben sich echt Gedanken gemacht, wie sie die Kleine am besten ins Flugzeug bringen.
Und das kleine Mädchen war einfach nur total verschreckt, weil ihr die Sozialarbeiter erst beim Frühstück gesagt haben, dass sie heute endlich mit dem Flugzeug in ein anderes Land fliegen darf. Sie wollten sie eben nicht nervös machen, nur leider ist das dann anscheinend total ausgeartet. Die Kleine wollte dann nichts mehr essen, war kaum mehr ansprechbar und sie haben sie dann zum Arzt gebracht. Es ist dann besser geworden und die Arbeiterinnen haben dann die ganze Zeit zu ihr gesagt, sie geht nur Kätzchen streicheln, als sie sie ins Auto bringen wollten. Schon ziemlich heftig gewesen, aber ich glaub anders wär sie nicht in das Auto gestiegen. Ich hoffe den Eltern und dem Mächen gehts gut. Ich freue mich für sie, dass die Eltern auch ihren Bruder adoptiert haben und ich glaube die Eltern sind sehr liebevolle Menschen. Die haben schon ein Zimmer für sie eingerichtet, also wie aus dem Ikeakatalog und sie wollen auch das die Geschwister zweisprachig aufwachsen. Leider wollen sie aufhören mit ihnen litauisch zu sprechen und das finde ich schade. Die zwei sind 4 und 5 Jahre alt und können natürlich schon richtig reden und das werden sie aber nach der Zeit bestimmt verlernen. Ihre Namen sollen auch geändert werden und das find ich nicht so gut. Ich mein bei Babies, okay. Aber die beiden sind 4 und 5 Jahre alt. Aber gut, die Eltern wollen das so.
Auf alle Fälle war Mittwoch schon ein sehr heftiger Tag in Lopselis und ich bin wirklich froh das solche Tage echt Ausnahme sind...

So, also am Freitag fahr ich das erste Mal nach Vilnius - da ich ja bisher nur den Flughafen gesehen hab :D bin schon sehr sehr gespannt und freu mich auf ein aufregendes weiteres Wochenende in Litauen!

Iki pasimatymo
Lilli

1 Kommentar:

Alex und Peter hat gesagt…

Hi Lilli,
wie immer megasspannend, was du über deine Tage in Litauen erzählst!! Ich glaube auch, dass es die richige Entscheidung war, das Jahr zu machen. Buche dir jetzt gleich das Flugticket für deinen Heimatflug zu Weihnachten.
Bussi, hab dich lieb!
Alex